New Work Stories – was kommt, was bleibt, was geht…

 

New Work

New Work ist in aller Munde. Klar ist ein Home-Office-Tag pro Woche reicht längst nicht mehr aus, es braucht viel mehr.

Flexible Arbeitsmodelle für alle Lebenslagen, mobiles Arbeiten und ausgewogene Work-Life-Balance.

Gut gelebte New Workkonzepte steigern die Arbeitgeberattraktivität und zieht Talente an und schaffen so einen Wettbewerbsvorteil am österreichischen Arbeitsmarkt. New Work bedeutet aber auch das Überdenken von klassischen Organisations- und Arbeitsstrukturen, hinterfragen von Hierarchien und Zulassen von Flexibilität und den Einbezug der Ideen und Interessen von Mitarbeitern.

Die Gründe für New Work sind mannigfaltig: Der Fachkräftemangel, die Digitalisierung, der Klimawandel die großen gesellschaftlichen Treiber transformieren unsere Arbeits- und Lebensräume immer schneller und radikaler. Die Grenzen zwischen Leben und Arbeiten beginnen auf produktive Weise zu verschwimmen. Die Arbeit der Zukunft wird dadurch digitaler, vielfältiger und kollaborativer. Wir können damit Facharbeiter:innen und Talente anziehen, fördern und binden und uns gleichzeitig schneller an eine zunehmend vernetzte Welt anpassen. New Work Konzepte werden den Anforderungen von (jüngeren) Arbeitnehmern gerecht, ermöglichen schnellere Reaktionen auf Veränderungen am Markt und fördern Innovationen. Overhead und administrative Aufgaben werden reduziert und die Effizienz erhöht.

Der New Workbegriff wird von dem Austro-Amerikanischen Philosophieprofessor Frithjof Bergmann in den 70 er Jahren geprägt. Inhaltlich geht es um den Wandel des Arbeitsbegriffes. Weg vom Taylorismus, den Menschen als Werkzeug für die Arbeit zu sehen und hin zu einem humanitären Ansatz. Das Wohlbefinden des Menschen soll fortan im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit soll nun nicht mehr als Belastung angesehen werden, sondern viel mehr als Förderung des Individuums, an dem dieses sowohl persönlich als auch fachlich wachsen kann. New Work meint vielmehr eine neue Art der Gestaltung der Beziehung zwischen Arbeitgebern und den Menschen, die im Unternehmen arbeiten. „Mit-Unternehmer statt Mit-Arbeiter“. Es geht um Partizipation, um Teilhabe. Die Menschen wollen mitbestimmen. Und damit geht es ganz klar auch um die Übernahme von Verantwortung.

 

New Work läutet somit das Ende von Command & Control ein und forciert neue Arbeitsformen.

Insbesondere Technologien sollen beim Arbeitsprozess unterstützende Hilfe leisten, um diese zu vereinfachen. Im Zuge seiner Überlegungen kam Frithjof Bergmann zu dem Ergebnis, dass New Work über drei zentrale Werte definiert werden kann. Hierbei handelt es sich um:

  • Freiheit: Jeder hat die Wahl, frei zu entscheiden und zu handeln.
  • Selbstständigkeit: New Work sieht vor, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung in den Fokus zu rücken.
  • Teilhabe an der Gemeinschaft: Gemeinsam statt einsam. Kollektivität, Austausch, Schwarmintelligenz – all das spielt in der neuen Arbeitswelt eine zentrale Rolle.

New Work ist ein Mindset und eine Bewegung. Agilität und New Work haben etwas Fraktales: Von jeder Seite sieht man was anderes, es setzt sich immer neu zusammen. New Work und Agilität transportieren die Idee struktureller Bewegung in der Wirtschaft. Bergmann installierte weltweit New Work Centren. Produktionsbedingungen und Tätigkeitstypen sowie Unternehmensgröße bestimmen Umsetzungsform und Ausmaß von New Work.

New Work bedeutet dauerhaften Kulturwandel.

New Work fordert mehr an Selbstverantwortlichkeit von den einzelnen Mitarbeitern.

New Work braucht Partizipation.

New Work ist ein fortwährender Prozess der Umgestaltung und Reflexion.

Ebenso Vertrauen, Flexibilität, Kreativität, flache Hierarchien und Dezentralisierung sind wichtige Merkmale der neuen Arbeit. Grundsätzlich geht es darum, bisherige Arbeitsmodelle, die eingestaubt und starr sind, aufzulockern und neue, innovative Wege zu gehen.

 

Wie attraktiv ist flexibles Arbeiten für Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmen?

Tatsächlich würden Mitarbeitende sogar finanzielle Abstriche in Kauf nehmen, wenn sie weiter flexibel arbeiten können. Laut Future of Work Lab in Konstanz würden 17% der Befragten sogar finanziellen Einbußen für Flexibilität akzeptieren. Noch deutlicher zeigt sich dieses Ergebnis in den aktuellen Studien der Universität von Chicago, hier stellt sich das Arbeiten im Homeoffice als der attraktivste Anreiz heraus, der umgerechnet einem 15-prozentige Lohnplus entspricht.

In den Unternehmen und Teams, in denen Führungskräfte gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden Leitlinien für die hybride Kollaboration, mobiles Arbeiten und Flexibilität insgesamt erarbeiten, in die Umsetzung bringen und reflektieren, sind die Mitarbeitenden zufriedener, Teams produktiver und die Fluktuation geringer. Forscher der Universität Stanford herausgefunden, dass die Produktivität von Arbeitnehmern im Homeoffice um 13 Prozent höher ist und sie seltener krank sind. Zudem fühlen sich mobil Beschäftigte enger mit ihrem Betrieb verbunden. Durch aktives Zuhören, Ausprobieren von New Work Initiativen und Möglichkeiten und anschließender Selbst- und Teamreflektion, minimieren wir unbewusste Bias, vorschnelle Urteile und erhöhen die Flexibilität im Unternehmen.

Führungskräfte erkennen schnell die Vorteile, die es mit sich bringt, ihren Mitarbeitern zu helfen, sich zu entfalten und dies ist oft der treibende Faktor hinter der Umsetzung von Strategien wie flexiblen Arbeitsregelungen. Mit der Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten, sofern es die Tätigkeit zulässt – ob aus der Ferne, vor Ort oder in einer Kombination – können Einzelpersonen und Organisationen von Zeit- und Geldeinsparungen, Komfort und Flexibilität profitieren. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass die Möglichkeit, von überall aus zu arbeiten, für viele Arbeitnehmer eine verbesserte physische und psychische Sicherheit bietet. Weitere beliebte Anreize neben dem Homeoffice, sind aktiver Umweltschutz, gelebte Nachhaltigkeit im Unternehmen, Nutzen von grünen Technologien und Bildungsangebote, die Wissen über nachhaltige Praktiken, erneuerbare Energien und Umweltschutz vermitteln, um den ökologischen Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.

Ein weiterer Faktor, der zur hohen Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung beiträgt, sind attraktive Weiterbildungsangebote der Arbeitgeber. Besonders erwünscht sind Reskillingmaßnahmen in Bereich der digitalen Kompetenzen: Kurse in Datenanalyse, Coding, Cybersecurity und künstlicher Intelligenz, um mit der digitalen Transformation Schritt zu halten. Programme, die das lebenslange und effektive Anpassen an die neuen Anforderungen fördern und soft skills sind ebenso gefragt wie Seminare, die die Fähigkeiten für das effektive remote Arbeiten und das Führen in verteilten hybriden Teams vermitteln. Human Skills, die in einer komplex werdenden Arbeitswelt unerlässlich sind, werden als kritische Denkweise, Kreative Lösungskompetenz, Kommunikation im virtuellen Raum und Konfliktlösungen und virtuelle Teamarbeit.

Flexible Arbeitszeiten und -orte, Vier-Tage-Woche, Regeln gegen ständige Erreichbarkeit, klare Antworten auf die Frage nach dem Sinn der Arbeit … das und vieles mehr setzen viele Bewerber inzwischen als selbstverständlich voraus. Die vorherrschende Inflation hat außerdem zur Folge, dass das Gehalt mehr denn je zu einem wichtigen Hebel wird – auch für die Mitarbeiterbindung. 18,4 % der Arbeitnehmenden beschäftigen sich angesichts steigender Lebenshaltungskosten mit einem Jobwechsel, um die täglichen Kosten weiterhin bestreiten zu können.

Die beliebtesten New Work Benefits sind:

• Mobilitätszuschüsse, wie beispielsweise das Mobilitätsbudget, Tankgutscheine, Fahrtkostenzuschuss oder Jobrad.
• Flexibilität und Wahl der Arbeitsform und des Arbeitsortes, Workation.
• Vorbeugung von Altersarmut.
• Sachbezüge (Teuerungsprämie…)
• Gesundheitsvorsorge, Fitnesscenter, mentale Programme.
• Weiterbildung: Beschäftigten die Wahl über die Art der Weiterbildung zu überlassen.
• Essenzuschüsse, kostenlose Getränke.
• Ausgaben für Homeoffice (Einrichtung, Internet, Energiekosten…) zeigen Wertschätzung gegenüber. Mitarbeitenden, die sich positiv auf die Unternehmenskultur auswirken werden.
• Bezuschussung der Betreuungskosten

Jede fünfte arbeitende Person leide demnach an Symptomen, welche mit psychischen Erkrankungen assoziiert sind. Um mit den vielfältigen Belastungsfaktoren gut umgehen zu können, brauche es organisationale Ressourcen, um die Arbeitsbelastung besser zu bewältigen, breit angelegte Gesundheits- und Mental Health- Programme, gutes Führungsverhalten, gut funktionierende Abläufe und Arbeitsorganisation (inklusive adäquater Personalplanung), zufriedenstellende Gehaltsstrukturen, ausreichende Erholungszeiten, Vereinbarkeit mit dem Privatleben bzw. flexible Arbeitszeitmodelle, Ganzheitlichkeit, Sinnhaftigkeit, Unterbrechungsfreiheit, positive soziale Interaktion, organisationale Gerechtigkeit und Lern- bzw. Entwicklungsmöglichkeiten.

 

Es gibt kein One-Size-Fits-All Modell nicht mehr. In Zukunft wird es weitaus differenzierte Arbeitskonzepte brauchen, die sich auch an der Produktivität orientieren.

Alle Jobs über einen Kamm zu scheren, wird der Komplexität der Arbeitswelt nicht gerecht. Die Arbeitszeiten, Arbeitsorte müssen an den Arbeitsrealität im Jetzt angepasst werden. „Flexible Arbeitswelten“ finden diesen Benefit laut Marketagentumfrage 78% der Erwerbsfähigen ansprechend. Ansätze der örtlichen und zeitlichen Flexibilisierung von Arbeit sind breiter vertreten als Veränderungen in hierarchischen Strukturen der Organisationen. New Work ist nicht nur etwas für junge Unternehmen oder der digitalen Boheme.

 

Zur Autorin:

Dr. Ursula della Schiava-Winkler ist Unternehmensberaterin, Coach, Supervisor. Ihre Studien (Psychotherapiewissenschaft und Crossmedia) führten sie zu den folgenden Schwerpunkten: Transfer von psychotherapeutischem Anwendungswissen in die Unternehmen – vor allem im Bereich der Personalentwicklung; Smart-Knowledge-Management (Wissensberatung, Wissenstransfer, Wissensdialog); Transformationsmanagement, Change Management, psychodynamische Organisationsentwicklung; Social Enterprise; Business Development, Business Innovation; Serious Games; Remote Management, Business Cocreation, Redesigning Work und Business Fitness. Sie leitete zehn Jahre lang den „Arbeitskreis für Organisationsentwicklung“ im Österreichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (OEAGG) und moderiert seit drei Jahren die Gruppe „Reinventing Organizations – mit der Sehnsucht nach beseelten Arbeitsplatzen, nach Authentizität, Gemeinschaft, Leidenschaft und Sinn“. Seit 2016 leitet sie den „Salon Vienna“, den Dialograum für innovatives Denken und wertvolle Gespräche zur Schaffung von inspirierenden Ideen und Projekten für die Zukunft. Seit 2017 ist sie als Mentorin im Start-up-Hub „wexelerate“ tätig. Sie unterrichtet in Berlin im Rahmen der SMI die Zukunft der Organisation und ist im wissenschaftlichen Beirat der New Work Academy in Basel. Ihre Leidenschaft ist es, Personen, Teams und Organisationen zu beflügeln, kokreative Prozesse zu unterstützen und so Cultural Change und Mindset-Veränderungen zu ermöglichen. In Resonanz zu sein mit dem Gegenüber bedeutet für sie Entwicklung, Freude und kraftvolle Energie. Sie designt gerne Organisationen und glaubt an das Leben und Arbeiten im Hier und Jetzt. Empathisch, partizipativ und transformativ gestaltet sie im „Wir“ Neues in der und für die Welt. 

Näheres über sie unter www.arbeitanders.com, www.socialskills4you.com

 

Lesenswert zu diesem Thema:

„Arbeitsmarkt im Wandel- Der Mensch im Mittelpunkt!“, Popp, della Schiava-Winkler

„Die Zukunft der Organisation in 2043, 30 Zukunftsbilder unter Berücksichtigung von psychosozialen Bedingungen, Entwicklungen und Effekten“, Ursula della Schiava-Winkler

„New Pay – Alternative Arbeits- und Entlohnungsmodelle“ von Sven Franke, Stefanie Hornung und Nadine Nobile

„New Work Dystopia“ von Carsten Schermuly

„Die entfaltete Organisation“ von Joana Breidenbach und Bettina Rollow