Die Zukunft ist ein Raum, den wir miterschaffen – über die Grammatik der Entfaltung

 

„Die Zukunft ist kein Raum, den wir als Passagier oder gar ohnmächtiges Opfer betreten. Nein. Die Zukunft ist ein Raum, den wir miterschaffen. Wir sind schöpferische Wesen“, so Matthias Strolz bei seinem Vortrag im Rahmen unseres Online Business Frühstücks am 14. Oktober 2022. Wir diskutierten gemeinsam die Grammatik der menschlichen Entfaltung.

 

VUKA-Welt

Der Ausgangspunkt: Wir sehen uns einer VUKA-Welt gegenüber – volatil, unsicher, komplex, ambivalent. „Was ist jetzt richtig und gut? Was macht mich erfolgreich, glücklich und zufrieden? Was sind die nächsten Schritte?“, das sind Fragen, die uns immer wieder beschäftigten. Es gilt, die eigene Handlungsfähigkeit zu kultivieren und sich positive Strategien anzueignen. Gemeinsam mit dem Psychologie-Institut der Universität Wien beforschte das frühere Unternehmen von Matthias Strolz die Fragestellung, was uns in diesen VUKA-Zeiten hilft, um entscheidungs- und handlungsfähig zu bleiben, und nicht in destruktiven Sackgassen zu landen, wie etwa Burnout, Krankheit, Sucht oder Depression.

 

Die Stärkung der eigenen Identität

Die wissenschaftliche Evidenz ist, dass wir folgende fünf „Kompetenzen“ kultivieren sollten:

1. die Identität – erkenne dich selbst,
2. die Beziehungsfähigkeit – die Fähigkeit, Beziehungen gestalten und halten zu können,
3. die Signalresonanz – die Fähigkeit, frühe und leise Signale zu erkennen und auf ihrer Basis handeln zu können,
4. die Widerspruchstoleranz – die Fähigkeit, Widersprüche auszuhalten, und schließlich
5. die Resilienz – die Fähigkeit, nach Niederschlägen auch wieder gut aufzustehen.

Alle diese fünf Kompetenzen kann man trainieren, so wie seinen Oberarm oder seine Bauchmuskeln. Das hilft dann dabei, achtsam und selbstbewusst in dieser „verrückten“ Welt unterwegs zu sein sowie die eigene Handlungsfähigkeit und Gestaltungskraft zu stärken.

Für die wichtigste dieser fünf Kompetenzen hält Matthias Strolz in einer VUKA-Welt die Stärkung der eigenen Identität: sich selbst erkennen – mit den eigenen Talenten, Stärken und Schwächen, Bedürfnissen und Sehnsüchten, mit der eigenen Geschichte, dem eigenen Wesenskern … und sich dann von der eigenen Zukunft leiten lassen.

 

Sei Pilot:in deines Lebens

Der eigenen Identität und Zukunft Form geben sei vor allem eine Herausforderung in der Disziplin der erfolgreichen Selbstführung. Dazu präsentierte Matthias Strolz sein Modell der „High Five der persönlichen Entfaltung“, wie er es in seinem Buch „Sei Pilot deines Lebens“ vorgestellt hat.

So wir Pilot:innen des eigenen Lebens sein wollen, ist das auch wesentlich eine Frage der bewussten Entscheidung, Entschlossenheit und Umsetzung. So ich beschließe, die Zukunft als einen Raum zu begreifen, den ich miterschaffe, starte ich in die Schichtung 1: ins Bewusst-Werden. Dafür braucht es ein Innehalten und Wahrnehmen. Einen Einkehrschwung bei mir selbst.

 

Es gibt viele Wege, wie wir zu uns selbst kommen. Doch quer über alle Hochkulturen und Weltreligionen wurden einige Königswege kultiviert und ausgeschildert: die Liebe als öffnende Kraft, die Natur als Spiegel und Begleiter, der Körper als sprechendes Zuhause, Kinder als Inspiration und stete Provokation, die Kunst als Spiegeluniversum, wahrhaftige Begegnungen mit anderen Menschen und dem Leben in all seinen Erscheinungen, Meditieren, Träume, die Auseinandersetzung mit meinen Ängsten und Schatten …

All das sind Pfade zur Erkenntnis.

In Workshops lädt Matthias Strolz die Teilnehmer:innen bei Schichtung 1 in einen fiktiven Helikopter ein, um mit diesem lautlos aufzusteigen. Sodann kommen sie still über sich selbst zu stehen und sind eingeladen, von oben auf sich und ihr Leben zu schauen: Was höre ich? Was sehe ich? Was spüre ich? Was ist in meinem Leben, in meiner Familie, in meinem Job? Was sagen mir mein Körper, meine Gefühle, mein Geist, meine Nachbarin, meine Lieben, mein Herz …?

 

Mit Schichtung 2 geht’s ins „Loslassen“. Wenn wir uns bewusst in die Entfaltung begeben, ist es ratsam, sich davor noch bereit für das Neue zu machen. Das heißt, Raum zu schaffen: Loslassen, denn nur die leere Hand kann empfangen. Die Möglichkeiten zum Loslassen sind für uns gleichsam unendlich. Hier ein paar Top-Kandidaten: Anspruchsdenken, fixe Ideen, Verdächtigungen, Begierden, Glaubenssätze, Gefühle, den Alltag, nervige Mitmenschen, Aufgaben, Funktionen, Gerätschaften, Besitztümer, Bewertungen, lähmende Konflikte, Verhaltensmuster, Abhängigkeiten, unangenehme Erinnerungen, schlechte Gewohnheiten, Alltagsgerümpel, Anspannung, Schmerzen, übersteigertes Pflichtgefühl, unguten Stress, Enttäuschungen, Kränkungen, Krankheit, Probleme aller Art, die Vergangenheit, die Zukunft …

 

In Schichtung 3 geht es nun darum, sich mit der eigenen Berufung zu verbinden. Mit dem „Inneren Ort“, mit dem „Höheren Selbst“. „Dort, wo deine Talente die Bedürfnisse der Zeit treffen, liegt deine Berufung“, sagte Aristoteles. Das ist ein großartiges und kraftvolles Bild. An diesem Kreuzungspunkt sollen wir Anker werfen, konkret anpacken. Das kommt mit Schichtung 4….

 

 

Wenn wir an unserem Inneren Ort Klarheit haben, dann fließt diese in äußere, weltliche Formen des Seins und Tuns. Henry David Thoreau formulierte es so: „Was vor uns liegt und was hinter uns liegt, ist nichts im Vergleich zu dem, was in uns liegt. Wenn wir das, was in uns liegt, nach außen in die Welt tragen, geschehen Wunder.“ Dann ist also der Download des göttlichen Funkens in irdischen Formen unterwegs.
Im solchermaßen verbundenen Schaffen reifen wir schlussendlich in die Schichtung 5, in die Meisterschaft, in die vollumfängliche Verkörperung des Neuen. Wir manifestieren es durch unser Sein und Tun. Die Meisterschaft ist eine große Freude. Manchmal ist es so, dass wir ganz in ihr aufgehen. Die Psychologie spricht von Flow, die Managementliteratur von Performanz. So wie eine Malerin, die mit ihrem Pinsel verschmilzt und dabei aus Raum und Zeit kippt. So wie ein Tischler, der den neuen Wandschrank installiert und dann einen Schritt zurücktritt, um sein Werk zu betrachten, durchwallt von großer Freude über das Vollbrachte.

 

Dazu sind wir eingeladen – in die Entfaltung. Es ist ein ewiges Werden, hin zur Reife. Und wenn ein Zyklus, eine Meisterschaft, abreift, dann ist es Zeit, den nächsten Kreis der Entfaltung zu öffnen und durch diese fünf Schichten hindurchzuwachsen. Das Abenteuer Mensch-Sein – Entfaltung bis zum letzten Atemzug.

 

Mehr Infos und Hintergründe dazu gibt es auf www.strolz.eu, wo Matthias Strolz auch seine aktuellen Bücher vorstellt.

 

 

Dr. Matthias Strolz ist Impact-Unternehmer, Bürgerbeweger, Autor, Social Architect und Leadership-Coach. Er studierte Internationale Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaften und Systemische Organisationsentwicklung. Potenzialentfaltung ist seit Jugendjahren sein Herzensthema.

Als mehrfacher Unternehmensgründer war er zwölf Jahre in den Bereichen Leadership-Coaching und Organisationsberatung tätig. 2012 gründete er die Partei NEOS mit, die er 2013 ins Österreichische und 2014 ins Europäische Parlament führte. Bis 2018 wirkte er als Parteichef und Fraktionsvorsitzender im Österreichischen Nationalrat. 2019 wurde er Co-Founder des Plattform-Verlags story.one und 2021 Mitgründer der Produktagentur somethingcreative vie.

Seine Keynotes und Vorträge haben in den letzten Jahren über eine Million Menschen im deutschsprachigen Raum inspiriert. Seine letzten drei Bücher „Sei Pilot deines Lebens“ (Brandstätter Verlag, Wien), „Kraft und Inspiration für diese Zeiten“ (story.one, Wien) und „Gespräche mit einem Baum“ (Penguin Random House/Kailash, München) widmen sich Fragen der Lebensführung und wurden alle drei zu Bestsellern.