Als Ökologin und hartgesottene Systemikerin habe ich das, was jetzt passiert, bereits erwartet. Wenn das System derart aus der Balance ist wie unseres seit Jahrzehnten, gibt es nur zwei Möglichkeiten, es zu „rebooten“:
Durch bewusste Veränderung oder durch Kollaps. Der Komplexitätsforscher John Casti nennt letzteres ein X-Event. In seinem gleichnamigen Buch gibt er auch eine Anleitung, um sich auf solche X-Events bestmöglich vorzubereiten. Es jetzt zu lesen, wäre allerdings zu spät.
Die bewusste Veränderung hätten wir ja vorgehabt, aber leider konnten wir die Vielfalt der Interessen nicht unter einen Hut bringen. Trotz aller Intelligenz hat der Mensch hier kläglich versagt. Und warum? Weil er immer noch der Homo Oeconomicus ist, den John Stuart Mills im ausgehenden 19. Jahrhundert als die Triebfeder des menschlichen Seins definierte.
Bleibt also nur mehr der Kollaps. Wir hatten damit spekuliert, dass wir noch ein paar Jahrzehnte diskutieren könnten, bis uns der Klimakollaps den endgültigen Schlussstrich unter unsere wirtschaftliche Raffgier gezogen hätte. Pech gehabt! Er kam von unerwarteten Seite – ein Virus, unsichtbar, zwingt alle in die Knie, verordnet Hausarrest, bedroht Millionen von wirtschaftlichen Existenzen und genau hier befindet sich der Fehler, den nun viele machen: Sie setzen die wirtschaftliche Existenz mit „Existenz“ gleich. Dabei ist „wirtschaftlich“, sprich „materiell“, nur eine mögliche Ausformung von „Existenz“.
Wir könnten auch von schöpferischer, agiler, anpassungsfähiger, stets entwickelbarer, endlos kreativer,…. oder schlicht „menschlicher“ Existenz sprechen. Das würde die Lage nämlich schon mit diesem berühmten Silver Lining verbrämen, von dem man spricht, wenn das Licht der Hoffnung am Horizont auftaucht.
So sehr wir uns auch in Selbstmitleid suhlen, so sehr kleine und schwachbrüstige Unternehmer und Unternehmerinnen, natürlich auch viele EPUs, nach dem alles rettenden Staat rufen, so wird sich doch nichts an der einen Tatsache ändern: dass wir uns besser früher als später auf diese neue Welt einstellen.
Dass wir uns darauf einstellen, dass manche Dienstleistungen und Kompetenzen einfach nicht mehr gebraucht werden oder dass sie in einer ganz neuen Form gebraucht werden.
Sobald diese Tatsache ins Bewusstsein gesickert ist, haben wir Hoffnung auf Handlungsfähigkeit. Weil der Mensch das einzige Wesen auf Erden ist, das grenzenlos schöpferisch sein kann. „Sein kann“ – darauf liegt die Betonung. Natürlich kann man sich auch lebendig ein Grab schaufeln.
Wenn Ihnen nun langsam dämmert, dass Sie das, was Sie bisher gemacht haben, in Zukunft nicht mehr machen können und wenn Sie sich vorstellen, dass Sie grenzenlos schöpferisch sind – dass Sie also nur irgendwo das gut versteckte Geheimfach finden und öffnen müssen, um einen ganzen Strom neuer Ideen und Möglichkeiten zu sehen – wenn dieser Fall also eintritt: was sehen Sie dann?
Noch nichts? Sie wissen nicht, wo Sie nach dem Geheimfach suchen sollen?
Nun, um das Geheimfach zu finden, können Sie sich folgende Fragen stellen – so in der Art wie „Wo habe ich meine Brille zuletzt gesehen?“ (etwas, was mir z.B. pausenlos passiert):
„Wann hat es in meinem Leben bereits schwierige Situationen gegeben, die ich letztendlich doch – wenn auch unerwartet – gelöst habe?“
„Welche Kompetenzen habe ich damals angewandt und welche habe ich im Prozess gewonnen?“
„Wenn ich ehrlich bin: hat sich das Leben nachher nicht eigentlich verbessert?“
Das ist aber nur der Beginn der Schatzsuche. Der nächste Hinweis ist folgender:
„Was haben Sie noch nie gemacht? Was haben Sie noch nie ausprobiert?“
Und das könnte auch so etwas Banales sein wie einmal einen Tag lang alles mit der schwächeren Hand zu machen. Das verlangsamt nicht nur alles ganz gewaltig – was Ihnen Zeit zum Denken gibt und Ihnen ermöglicht, Ihre Routinen zu durchbrechen und neue Erkenntnisse im Alltäglichen zu machen – sondern es unterstützt eine weitere neuronale Vernetzung in Ihrem Oberstübchen, was, wenn Sie das länger als nur einen Tag lang machen, Ihr grundsätzliches Erkenntnispotential massiv erhöht. Und genau das ist nützlich, um zu erkennen, wo Ihr Platz in der schönen neuen Welt sein könnte.
Erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen haben das schon immer so gemacht: ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren – hunderte Male klappt es nicht, aber dafür gibt es hunderte neue Erkenntnisse und die Gesamtzahl aller Versuche erst ermöglicht den einen erfolgreichen am Schluss.
In einem angestellten Verhältnis oder im Sozialstaat, wo „Papa Staat“ alles richten soll, da gewöhnt man sich solches Denken recht schnell ab. Es ist wie ein Muskel, der atrophiert, wenn man ihn nicht verwendet. Aber Gott sei Dank ist der Mensch als Gesamtes ein so plastisches, bis zuletzt formbares Wesen, dass auch das wieder erlernt werden kann.
Die Voraussetzung allerdings ist, dass man sich der Tatsache stellt, dass es so, wie es war, nicht mehr sein wird.
Charismatische Menschen werden jetzt ihre Hochblüte erfahren. Ganz egal in welcher Position sie sind – aber wenn sie in einer Führungsposition sind, dann hat das Team Glück. Dann steht da nämlich jemand, der das, was ich vorher beschrieben habe, einfach macht.
Charismatische Führungskräfte haben die Fähigkeit, fokussiert zurückzuschauen und exakt herauszugreifen, welche Hürden bereits überwunden wurden. Und sie haben die Fähigkeit nach vorne zu sehen und zu sagen: WEIL wir bereits so viel geschafft haben, werden wir auch in Zukunft einen Weg finden.
Die Fähigkeit zurückzuschauen auf alles, was bereits geschafft wurde, verleiht ihnen auch den Mut sich hinzustellen und zu sagen: alles ist neu, ich habe keine Ahnung, wie es sein wird und wie genau unser Weg ist, aber was ich weiß, ist, dass wir es schaffen werden. Das ist diese besondere Expertise, die sich nicht in Gewissheit über den Weg zeigt, sondern in der Gewissheit eines positiven Ergebnisses.
Die fixe, positive Idee von der Zukunft (sprich: Vision) wiederum, verleiht charismatischen Führungskräften das Durchhaltevermögen, um für andere ein Vorbild zu sein im Neu-Denken, Neu-Wagen, Neu-Tun. Ihre tiefe Überzeugung verleiht ihrer Kommunikation Klarheit und positive Kraft.
Und schlussendlich sind diese Führungskräfte von einem starken Verantwortungsgefühl getrieben, das sie andere im Licht ihres Potentials sehen lässt und das ihnen die Fähigkeit verleiht, ein „Gemeinsam sind wir stark“ – Teamgefühl zu schaffen.
Und damit sind wir beim Homo Oeconomicus zurück und es löst sich die im Raum stehende Frage auf, warum der Untertitel „Willkommen in der schönen neuen Welt“ lautet: weil in dieser Welt endlich jene überlegen sein werden, die im vorherigen Weltgefüge als Gutmenschen und Idealisten verachtet wurden: jene nämlich, die Verantwortung für andere UND die Welt um sie herum zu tragen gewillt sind. Die gewillt sind, ihren Worten Taten folgen zu lassen und die keine Angst haben vor Ungewissheit. Die von einem getrieben sind: von einer besseren Welt für alle.
Mehr zu den fünf Fähigkeiten Charismatischer Führungskräfte und wie diese zu trainieren sind, erfahren Sie hier.
Über die Autorin:
Mag. Martina Gleissenebner-Teskey hat sich in fast 30 Jahren Selbstständigkeit bzw. Unternehmertum schon öfter neu erfunden – die gewaltigste Herausforderung aber war, als sie 1998 nach der Organisation der ersten Öko-Messe Österreichs im Design Center Linz, 27-jährig mit über einer halben Million Schilling Schulden ihren ersten und einzigen Ausgleich verhandeln musste. Sie folgte einem Angebot, für einen Konzern in Mailand internationales Marketing-Consulting zu betreiben. Ihre Italienisch-Kenntnisse basierten zu dem Zeitpunkt auf 6 Jahren Latein-Unterricht im Gymnasium. Sie machte sich trotzdem bald als Trainerin selbständig und wurde in Süditalien sogar für eine gebürtige Mailänderin gehalten. 2002 wurde ihr in Monte Carlo eine Konzernposition angeboten, Karriere machte sie dort allerdings erst, nachdem sie 2003 zur alleinerziehenden Mutter wurde. Das gab ihr erst den richtigen Antrieb, alles aus dieser Situation herauszuholen. Seit 2006 ist sie wieder in Österreich zurück, von wo aus sie sich seit 2011 ausschließlich ihrer Berufung als Trainerin und Coach für Personal Branding, Charisma und persönliche Wirksamkeit widmet. Ihre Vision, die sie seit der Entwicklung des Charisma-Konzepts 1996 leitet, ist, Menschen dabei zu unterstützen, ihre „Gnadengabe“ (= Charisma) zu entwickeln und damit ihren einzigartigen Beitrag in der Welt leisten zu können.