Die Montagslüge – Wenn Beruf und Leben doch zusammenpassen

 

 

Kennen Sie das überwältigende Gefühl, wenn montagmorgens der Wecker klingelt und Sie aus dem viel zu langen Schlaf reißt? Dieser eine Moment, wenn Sie wissen, dass das Wochenende endlich
vorüber ist und Sie sich in eine neue Arbeitswoche stürzen dürfen? Nein? Überkommt Sie dann nicht
auch diese positive Stimmung, und Sie fühlen sich bereit, die Welt zu erobern? Wirklich nicht? Dann,
meine Damen und Herren, gehören Sie zu der (nicht ganz so) seltenen Sorte von Mensch, die den
Großteil der arbeitenden Bevölkerung ausmacht. Denn rund drei Viertel von uns werden von ganz
anderen Gefühlen überwältigt, wenn uns das sanfte Piepen, Surren oder Dröhnen des Weckers aus
den montäglichen Träumen holt. Habe ich recht?

Ich erzähle Ihnen an dieser Stelle nichts Neues, ich weiß. Es ist keine Überraschung, dass der Montag
der unbeliebteste Tag in der Woche ist. Schließlich läutet er die Arbeitswoche ein und das ist für die meisten von uns kein wirklicher Grund, in Feierlaune zu geraten. Für mich stellt sich jedoch die Frage, ob das wirklich notwendig ist. Gibt es keine Möglichkeit, mit mehr Freude in diese verdammte
Arbeitswoche zu starten? Aber seien Sie beruhigt, ich habe nicht die Absicht, Sie von irgendetwas zu
überzeugen. Ich werde Ihnen keine leeren Floskeln wie „Sie müssen Ihren Job lieben“ oder „Stehen
Sie jeden Montag mit einem Lächeln auf“ an den Kopf werfen. Sie können selbst über Ihr Leben
entscheiden und brauchen nicht noch jemanden, der Sie zu bevormunden versucht. Sehen Sie mich
eher als den kleinen Teufel auf Ihrer Schulter an, der Sie mit seinen Ideen in eine gewisse Richtung
bewegen möchte – und vielleicht gefällt es Ihnen ja dort.

 

Der erste Kontakt mit der Arbeitswelt

Es war mein erster Arbeitstag nach dem Studium. Meine Nervosität wurde nur von meiner Vorfreude
übertroffen, endlich einen Fuß in das Bürogebäude setzen zu dürfen. Ich wusste bereits einiges über
diesen Konzern, aber noch nicht genau, was sich in der Zentrale abspielte, in der ich das Praktikum
absolvieren sollte. Nun war es soweit und die modernen Schiebetüren öffneten sich zum ersten Mal
für mich. Am Empfang saßen zwei sympathische Damen, die meine übertriebene Begrüßung mit
einem ruhigen „Guten Morgen“ konterten. Ich spürte, wie die Begeisterung in mir aufstieg. Als
Student bekommt man zwar ein gewisses Bild von der Arbeitswelt vermittelt, jedoch weicht dieses
leider häufig von der Wirklichkeit ab. Es war an der Zeit, es selbst zu erleben und ich war mehr als
bereit. Ich bewegte mich durch die Gänge in Richtung des Büros, das in den nächsten Monaten
meine zweite Heimat werden sollte. Auf dem Weg dorthin traf ich auf einige Personen der aktuellen
Belegschaft und es musste an meinem aufgesetzten Grinsen gelegen haben oder schlicht daran, dass
mich noch niemand kannte, aber meine Begrüßungen führten nicht zu dem von mir erhofften
Ergebnis: Wenn zurückgegrüßt wurde, dann mit verhaltenen Lauten, die man nur schwer als solche
identifizieren konnte.

Nach einigen Wochen in dem Unternehmen wurde mir klar: Es lag wirklich an mir. Meine Euphorie
für die Arbeitswoche spiegelte nämlich nicht das Bild wider, das der Großteil der dienstälteren
Belegschaft vertrat. Die Begeisterung für ihren Beruf hatten viele schon vor längerer Zeit verloren
und begnügten sich mit dem sogenannten „Dienst nach Vorschrift“, bei dem man nur das macht, was
gefordert wird. Die restliche Energie floss in Dinge, die nichts mit der Arbeit zu tun hatten. Der
Arbeitsplatz war ein Ort, den man aufsuchen musste, um Geld zu verdienen. Das war’s. Keine Stätte
der Begeisterung und Energie, wie ich feststellte, und am intensivsten machte sich dies an den
bereits angesprochenen Montagen bemerkbar. „Guten Morgen? – Was ist an diesem Morgen gut?“
oder „Wie soll es mir schon gehen?- Es ist Montag“, sind Floskeln, die ich nur allzu häufig als Antwort zu hören bekam. Wirklich beunruhigend war jedoch, dass sich diese Aussagen auch im Laufe der
Woche nur unmerklich änderten. Bis auf wenige positive Ausschläge an den Freitagen hielt sich die
Arbeitsmotivation stets im gleich niedrigen Bereich auf. Ich stieß zwar ab und an auf Personen, bei
denen der Wert auf dieser Skala nach oben schnellte, jedoch waren diese stark in der Minderheit.
Wieder etwas, von dem man an der Universität nichts gehört hat.

Damit steht dieses Unternehmen allerdings nicht alleine da. Viele Organisationen, die ich im Laufe
der Zeit kennenlernen durfte, zeigen ein ähnlich frustrierendes Bild. Studien belegen, dass bis zu 70
Prozent der Belegschaft in den jeweiligen Unternehmen nicht zufrieden mit ihrem Beruf sind. Diese Tatsache alleine ist schon beeindruckend genug, aber wenn ich Ihnen sage, dass knapp die Hälfte von diesen Personen sogar unglücklich in die Arbeit geht, wird es noch etwas spannender.

Angenommen, Sie wären unzufrieden in Ihrem Job, wären Sie dann bereit, mehr zu geben, als von
Ihnen verlangt wird? Würden Sie freiwillig länger in der Arbeit bleiben, weil Sie sich neue Methoden,
Prozesse oder Möglichkeiten überlegen wollen? Wären Sie bereit, sich für ihr Team aufzuopfern und
für andere einzusetzen? Vermutlich nicht. Und wenn viele Personen einer Organisation ähnlich
denken, dann können Sie sich vorstellen, was dies für die Produktivität und die Unternehmenskultur
bedeutet. Aber verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin mir sehr wohl dessen bewusst, dass unzählige
Unternehmen selbst schuld an der fehlenden Motivation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sind. Wir könnten uns an dieser Stelle stundenlang über mangelnde Führungskompetenz,
unproduktive Strukturen und den Mangel an Menschlichkeit in Organisationen unterhalten. Aber das
sind Themen, die wir gerne im Zuge eines anderen Rahmens besprechen können. Hier und jetzt
möchte ich alles andere ausblenden und über das Einzige sprechen, das allein in unserer Hand liegt –
unsere Arbeitsmotivation.

 

86.400 Sekunden

Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster und behaupte, wir gehören zu der Gruppe (nur eine
Annahme), die an Montagen und der darauffolgenden Woche Besseres zu tun hätten, als zur Arbeit
zu gehen (wie gesagt, nur eine Annahme). Weil wir aber trotzdem hingehen müssen, sagen wir Dinge
wie „Wenn ich das Geld nicht brauchen würde, würde ich zu Hause bleiben“ oder „Warum sollte ich
mehr machen, es dankt mir ja sowieso keiner“. Vielleicht sind wir sogar schlecht gelaunt, wenn wir
morgens aus dem Haus gehen und freuen uns jedes Mal, wenn wir pünktlich wieder aus der Firma
verschwinden können. Ich weiß, sehr abwegig, aber aufgrund der bisher gehörten Dinge kein
unmögliches Szenario.

In diesem Fall verbringen wir die meiste Zeit unseres Tages (vorausgesetzt wir schlafen nachts)
damit, einer Tätigkeit nachzugehen, die uns nicht erfüllt und vielleicht sogar unzufrieden stimmt.
Jetzt werden Sie sagen, dass dies soweit kein Problem darstellt, denn schließlich müssen wir ja Geld
verdienen. Und zusätzlich bleiben uns immer noch der Feierabend und die Wochenenden – also kein
Grund zur Beunruhigung.

Gut, dann stricken wir das Ganze noch ein wenig weiter. Tatsache ist, dass jedem von uns pro Tag
86.400 Sekunden Lebenszeit zur Verfügung stehen. Was sich, wenn man diese Zahl als Ganzes
betrachtet, nach einer ziemlichen Menge anhört. Zieht man nun die Zeit ab, in der wir schlafen, essen
und mit diversen Verkehrsmitteln fahren, dann bleibt noch ungefähr die Hälfte auf unserem
Sekundenkonto übrig. Wenn wir noch die lästige Zeit wegrechnen, die wir durchschnittlich in der
Arbeit verbringen müssen, so gehören uns immer noch 14.400 Sekunden, die wir für all jene Dinge
aufwenden können, die uns wirklich Spaß machen. Zwar sind dies keine 86.400 mehr, aber trotzdem
immer noch eine stattliche Summe, wenn man bedenkt, dass wir damit anstellen können, was wir wollen. Insgesamt vier lange Stunden, die wir ausschließlich mit sinnvollen Dingen vollpacken, die
unser Leben wirklich erfüllen, habe ich nicht recht?

Und fast hätte ich es vergessen, es bleibt uns ja auch noch das Wochenende. Ja, das heilige
Wochenende. Wir alle lieben es (außer wir müssen an diesem arbeiten). Eingeleitet vom schönsten
Tag der Arbeitswoche, leben wir dort endlich das Leben, das wir uns immer gewünscht haben und
verbringen die Zeit ausschließlich mit Dingen, die uns durch diese verdammte Arbeit unter der
Woche verwehrt bleiben. Na gut, wir müssen zwischendurch Einkäufe erledigen, Wäsche waschen,
Verwandte besuchen und die Wohnung putzen, aber dann steht uns die Welt offen. Zugegeben,
sonntagabends vermiest uns der Gedanke an die kommende Arbeitswoche etwas die Stimmung,
aber bis zu diesem Moment haben wir uns bereits genug ausgelebt, um die nächsten fünf Tage
ungeschoren zu überstehen. Lang lebe das Wochenende!

 

Selbstbetrug ist auch ein Verbrechen

Also warum schreibe ich das überhaupt, denn das alles klingt doch nach einem sehr guten Deal. Wir
akzeptieren eine Tätigkeit, mit der wir zwar nicht wirklich zufrieden sind, holen aber unser ganzes
Leben an Feierabenden und Wochenenden nach (meistens jedenfalls).

Aber (war ja klar, dass hier ein „aber“ kommen muss) was würden Sie sagen, wenn wir uns weitere
Sekunden des Tages zurückholen könnten? Wenn wir es tatsächlich schaffen könnten, uns montags
nicht aus dem Bett zu quälen und plötzlich mit einem solch unnatürlichen Gefühl wie Zufriedenheit in
die Arbeit gehen könnten? Würden Sie mich für verrückt erklären? Auch auf die Gefahr hin, dass Sie
nie mehr etwas von mir hören möchten – ich sage Ihnen, es ist möglich. Jeder von uns besitzt die
Fähigkeit, morgens aufzustehen und zu sagen: „Verdammt, was für ein schöner Tag“, obwohl es sich
um einen verhassten Arbeitsmontag handelt (Anmerkung: Und dies auch so zu meinen).

Und ich verrate Ihnen noch etwas: Es ist einfacher, als wir gedacht haben. Wir müssen dafür nur eine
Sache in unserem Leben ändern. Sie haben richtig gehört, nur eine kleine Sache. Aber die wollen Sie
bestimmt nicht hören, stimmt’s? Sie sind doch vollkommen zufrieden mit ihrem Leben, oder etwa
nicht? Sollte dem nicht so sein und Sie hätten auch gerne mehr glückliche Sekunden am Tag zurück,
dann gilt auch für Sie: „Wir müssen endlich aufhören, uns selbst zu betrügen“.

Das ist alles, was vonnöten ist. Mehr braucht es nicht. Doch bevor Sie jetzt enttäuscht weiterblättern,
hier die Erklärung, was ich damit meine: Wie lange würden Sie einer Person dabei zusehen, wenn
diese Sie ständig betrügt und beraubt? Spätestens nach dem ersten Mal wären Sie ziemlich sauer,
habe ich recht? Dann frage ich Sie, wie es sein kann, dass wir kein Problem damit haben, dies mit uns
selbst zu tun? Wir erlauben es uns, uns selbst zu bestehlen und das Wertvollste, das wir besitzen, mit Füßen zu treten – unsere Lebenszeit. Niemand auf diesem Planeten hat die Chance, die verronnen Sekunden pro Tag zurückzubekommen und trotzdem akzeptieren wir es, diese unzufrieden und nicht glücklich verstreichen zu lassen. Selbstbetrug ist das einzige Verbrechen, das wir ohne Widerwillen akzeptieren.

Aber was noch schlimmer ist (denn wir wären nicht Menschen, würden wir nicht noch eins
draufsetzen), dass wir den Umstand nicht nur akzeptieren, sondern uns auch noch einreden, dass wir
nicht selbst daran schuld sind. Wir lügen uns quasi selbst an. Wer von Ihnen hat sich schon einmal
folgende Sätze sagen hören: „Das ist halt so, wenn man einen Job hat, ich kann es nicht ändern“,
„Wenn mein Chef nicht so ein Idiot wäre, dann…“ oder „Wenn ich mehr Zeit hätte, dann…“. Na,
kommen Ihnen diese Aussagen irgendwie bekannt vor?

Die größte Lüge, die wir uns selbst auftischen können ist, dass wir leider allzu oft daran glauben, an unserer derzeitigen Lebenssituation nicht selbst schuld zu sein. Und verstehen Sie mich nicht falsch, wenn wir an einer schweren Krankheit leiden oder in einen Unfall verwickelt wurden, so können wir zumeist nichts dafür, dass es uns schlecht geht. Dessen bin ich mir natürlich bewusst. Ich spreche von den Umständen, in welche wir uns selbst hineinmanövriert haben. Wir alle haben die Möglichkeit, unser Leben so zu leben, wie wir es uns vorstellen. Leider schaffen dies wirklich nur die Wenigsten.

 

Ein erfülltes Leben trotz Arbeit

Wann sind Sie das letzte Mal aufgestanden und haben sich wirklich gefreut, dass der Tag beginnt?
Wann sind Sie zuletzt ins Bett gegangen und waren glücklich darüber, wie der Tag verlaufen ist?
Ständig treffe ich auf Menschen, die sämtliche Voraussetzungen erfüllen, ein glückliches Leben zu
führen, die jedoch die meiste Zeit des Tages damit verbringen, unzufrieden zu sein. Diese Personen
akzeptieren somit, dass sie die begrenzte Zeit, die ihnen zur Verfügung steht, nicht voll ausschöpfen.
Sie jammern, sie nörgeln und das Schlimmste ist: Sie geben anderen Personen und Umständen die
Schuld daran, dass es nicht so läuft wie gewünscht.

Der Chef, die Kolleginnen, der Koch im Restaurant, das Wetter, die Politiker, der Schleicher auf der
Autobahn – sie alle haben keine Schuld daran, wenn es uns nicht gut geht. Wie können wir uns selbst
noch im Spiegel betrachten, wenn wir andere darüber entscheiden lassen, wie es uns geht? Und ja,
ich bin mir dessen bewusst, dass Probleme immer auftreten und wir immer wieder vor
Herausforderungen stehen werden. Wir müssen uns bewusst werden, dass wir gewisse Dinge, die uns
widerfahren, nicht beeinflussen können. Was wir jedoch immer beeinflussen können, ist, was diese
für uns zu bedeuten haben.

Wenn wir morgens aufstehen und schlecht gelaunt ins Auto steigen, sind wir selbst schuld daran.
Wenn es in der Arbeit drunter und drüber geht und der Chef einen Tobsuchtsanfall bekommt, so ist
er zwar ein Idiot, aber wir bleiben der Idiot, wenn wir uns deshalb den Tag vermiesen lassen. Das
Gleiche gilt für den Raser, der mit Lichthupe an unserem Rücklicht klebt, für den Kellner, der uns blöd
anmacht, die Beamtin, die für ein Formular zwei Stunden benötigt oder für das Wetter, das uns den
siebten Tag in Folge Regen beschert. Wir haben es selbst in der Hand, wie wir uns fühlen wollen und
das ab dem ersten Tag in der Woche.

Der nächste Montag naht und es liegt an uns, ob wir diesen schlecht gelaunt oder zur Abwechslung
gut gestimmt beginnen wollen. Wollen wir weiter davon ausgehen, dass unser Chef so ein Idiot ist
oder wollen wir einmal das Gespräch mit ihm suchen (denn wenn er so ein Idiot ist, warum bezahlt er
dann unseren Gehalt). Ist es weiterhin ein guter Ansatz zu sagen „Das haben wir immer schon so
gemacht“, oder sollten wir vielleicht doch den Mut aufbringen, etwas zu ändern? Liegt es wirklich an
unserem Job, dass wir unzufrieden sind oder sollten wir uns endlich eingestehen, dass es an der Zeit
ist, uns weiterzuentwickeln und neue Ziele zu stecken (oder überhaupt Ziele)?

Ich bin mir bewusst, dass es nicht einfach ist, die Ursache von Problemen bei sich selbst zu suchen. Es ist immer leichter, die Welt um sich herum verantwortlich zu machen. Aber wir dürfen niemals
vergessen: Es sind unsere 86.400 Sekunden, die zählen, und es liegt einzig und allein an uns, wie wir
diese verbringen. Niemand sonst hat das Recht zu entscheiden, ob wir uns glücklich fühlen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen nächsten Montag.

Ihr Timo Klösch

Business Comedy Timo Klösch

TIMO KLÖSCH

Montags Timo hat seine Wurzeln im idyllischen Kärnten, der südlichsten Region unseres wunderschönen Landes. Zeit seines Lebens war er kein Kind von Traurigkeit und versuchte stets die Welt zu einem Spielplatz zu machen. Doch seine Erfahrungen im Studium und im HR von Weltkonzernen haben ihm gezeigt, dass es jemand brauchen wird, der den Spaß in die Arbeitswelt zurückbringt. Herausforderung angenommen…

 

 

Bilder: Timo Klösch, shutterstock